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Brücken bauen im Advent: #17 Doch ein Beruf für Männer

veröffentlicht: 17. Dezember 2025 | zuletzt bearbeitet: 17. Dezember 2025 | AuthorIn: Ralf Nentwich

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Die Eltern hatten sich mit vielem abgefunden zu dieser Zeit. Der Sohn aß kein Fleisch, hatte sich einen Ohrring stechen lassen – beides eher schwer vorstellbar in ihrer ersten Heimat in den Siebzigerjahren – die Haare waren lang, die Jeans zerrissen. Cem pries Letztere realsatirisch als „nichtmaterialistische Variante der Rebellion“. Die Idee mit dem Lokführer hatte er längst fallen gelassen.

Es sollte aber schon irgendwie etwas Besonderes sein, das zugleich zu ihm passte. Gerade wegen seiner oft frustrierenden Erlebnisse in Kita und Schule liebäugelte er damit, Erzieher zu werden, nicht Automechaniker, Gärtner, Schlosser, Taxifahrer oder wenigstens Chefarzt, sondern Erzieher. Wie das den Freunden in Deutschland und der Verwandtschaft in der Türkei klarzumachen sein solle, fragten sich Nihal und Abdullah „Er spielt mit Kindern“, soll der Vater einmal mit aufgerissenen Augen gesagt haben. Im Anerkennungspraktikum, das für den Abschluss der Ausbildung notwendig war, begegnete Cem ähnlicher Skepsis.

Sogar in Gestalt von Nevin, einer Kollegin, ebenfalls mit türkischen Wurzeln. Sie musste erst sich selbst und dann auch noch ihren Mann beruhigen, der wenig davon hielt, dass seine Frau beruflich den ganzen Tag mit diesem Jüngling verbrachte. Selbst Kinder reagierten irritiert. Am krassen Ungleichgewicht der Geschlechter sollte sich übrigens sehr lange nichts ändern. Noch heute sind nur rund zwei Prozent der Kita-Fachkräfte in Baden-Württemberg Männer, Tendenz immerhin steigend.